Wie entwickelt man eine durchgängige Ausbildungsphilosophie im Fussballverein?

Viele Vereine leisten eine gute Nachwuchsarbeit. Anderen Vereinen wird wiederum nachgesagt, dass sie bereits im Kinder- und Jugendbereich bei den umliegenden Vereinen "wildern". Warum bilden manche Vereine also besser aus als andere bzw. warum schaffen es manche eine durchgängige Ausbildungsphilosophie nicht nur theoretisch zu erarbeiten, sondern sie auch umzusetzen.
Zuerst ist festzustellen, dass das Ausbildungslevel der Spieler:innen mit der Qualität der Trainer:innen korreliert. Auch Vereine ohne durchgängige Ausbildungsphilosophie schaffen es, den ein oder anderen Qualitäts- und Unterschiedsspieler herauszubringen. Das liegt dann aber zumeist an einzelnen, guten Trainer:innen (die die Mannschaft wahrscheinlich lange begleiten) oder dem Eigenantrieb des jeweiligen Spielers. Oft regiert jedoch aus Vereinssicht das Prinzip Zufall. Oft verlassen diese Unterschiedsspieler:innen dann den Verein, da sie sich einer neuen Herausforderung stellen wollen. Prinzipiell muss das nichts Schlechtes sein, aber dies wird im Laufe des Artikels noch einmal tiefer behandelt.

Die gängigste Variante eine Ausbildungsphilosophie zu entwickeln, ist es, die Ausbildungsziele "von oben herab" zu bestimmen, d. h. als Verein wird generell festgelegt, welche Spieler:innen bzw. welche Fähig- und Fertigkeiten der Verein bei Spieler:innen haben möchte, die in den Erwachsenenbereich kommen. Von dort weg werden die Trainings- und Ausbildungsziele heruntergebrochen und demnach die einzelnen Etappen festlegen. Wichtig ist hier, dass die Vorstellung des Ausbildungslevels im realistischen Rahmen bleibt. Grundsatz ist dabei, dass die Philosophie für ALLE Spieler:innen gilt (nicht nur die besten!). Die Spieler:innen sollen ein Niveau erreichen, das höher als das gewünschte Leistungsvermögen der 1. Mannschaft ist. Es muss den Vereinen bewusst sein, dass sie nicht ganz oben in der Nahrungskette stehen und es meistens immer einen attraktiveren Club in der Gegend gibt. Das heißt, dass die besten Spieler:innen mit ziemlicher Sicherheit den Verein früher oder später wechseln, da sie eine neue Herausforderung suchen - und das ist auch gut so. Warum? Weil jene Fußballer:innen, die man so gut ausgebildet hat, dass sie eine oder mehrere Ligen höher wechseln für die Qualität der eigenen Ausbildung sprechen. Deswegen ist es wichtig, dass auch die vermeintlich weniger talentierteren Spieler:innen ordentlich mitziehen, da diese dem Verein längerfristig erhalten bleiben werden. Kümmert sich der Trainer oder die Vereinsführung jedoch nur um die besten Spieler:innen und diese gehen weg, bleibt nur jeder Kaderanteil übrig, der nicht oder zu wenig ausgebildet wurde.

Wie kann sieht nun der Prozess der Erarbeitung einer Philosophie aus. Der Vorstand und vor allem die Sportliche Leitung müssen übereinkommen, welche Art von Fußball sie in der ersten Mannschaft sehen will. Daraus werden positionsspezifische Anforderungsprofile erstellt. Es ist nun Aufgabe der Sportlichen Leitung Trainer:innen zu engagieren, die die Philosophie mittragen. Wenn es das Ziel ist, dass die fertig ausgebildeten Spieler:innen zum Beispiel beidbeinig sind, muss schon im Kinderfußball der Grundstein dafür gelegt werden. Das betrifft sämtliche "Basics", wie Passspiel, erster Kontakt und andere technische Fähigkeiten, aber auch der koordinative und kognitive Aspekt sollte hier beachtet werden. In Workshops mit den sportlich handelnden Personen (Trainer:innen, Nachwuchsleiter, etc.) kann diese Philosophie verdeutlicht und angepasst werden. Die vereinbarten Prinzipien gelten für alle Spieler. Zu einem späteren Zeitpunkt kommen individuelle Trainingsziele dazu. Da diese u.a. auch positionsspezifisch sind, greifen diese frühestens ab der D-Jugend (U12/13) - ausgenommen im Torhüterbereich, wenn schon davor mit festen Torhütern gespielt wird. Testungen ermöglichen eine Bewertung des Fortschritts. Gerade im technischen Bereich sind sie jedoch nicht immer 100%ig aussagekräftig.

Eine Checkliste für deinen Verein:

  • Legt das Profil eures Wunschspielers im Erwachsenenalter fest - beachte jedoch, dass der Wunsch realistisch bleibt
  • Brecht die einzelnen Trainingsziele und -schwerpunkte für die jeweiligen Altersklassen herunter
  • Optional könnt ihr innerhalb der Altersklassen noch kürzere Zeiträume (z.B. Monatsblöcke) für die einzelnen Trainingsziele definieren
  • Informiert euch über Messungen und Testungen, die euren Trainingserfolg wiedergeben (z.B. Dribblingparcours vom DFB, beidbeiniges Passen aus verschiedenen Entfernungen auf Minitore, kognitive Testungen, wie z.B. Reaktionstests, etc.)
  • Zieht euer Ausbildungskonzept unabhängig von Ergebnissen (vor allem im Kinderfußball) durch - der Erfolg zeigt sich erst später
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