Pass- und Schusstechniken im Fußball
"Ooohh, schade. Pech gehabt. Der nächste passt!". Sätze, die wohl jede:r Fußballer:in schon unzählige Male gehört hat. Aber ist es wirklich "schade", wenn Flugball zu weit ist? Ist es tatsächlich "Pech", wenn der Torabschluss am Pfosten oder der Pass in die Tiefe beim Gegner landet? Zu einem gewissen (Bruch-)Teil bestimmt, gibt es doch in jeder Situation auf dem Feld gewisse Faktoren, wie zb. die Platzbeschaffenheit und die Wetterverhältnisse, die man nicht beeinflussen kann. Wenn man aber völlig realistisch und sachlich agiert, liegt der Großteil an vergebenen Chancen und Fehlpässen an technischen Fehlern ? mögen sie auch noch so klein sein. Aus diesem Grund werden hier verschiedene Pass- und Schusstechniken möglichst detailliert erklärt und aufgearbeitet:
Pass mit der Innenseite
Der Pass mit der Innenseite ist wohl die Königsdisziplin unter allen Pass- und Schusstechniken im Fußball. Nicht, weil es die schwierigste technische Ausführung ist, sondern weil er am häufigsten gebraucht wird. Gerade aufgrund der Häufigkeit kann ein dauerhafter Erfolg nur eintreten, wenn die technischen Abläufe sauber gelernt und verinnerlicht werden. Wie bei jeder technischen Fähigkeit im Fußball, ist es nicht nur wichtig, den Spielfuß zu betrachten, sondern nahezu den ganzen Körper, da es sich um eine ganzheitliche Komplexbewegung handelt. Beim Pass mit der Innenseite ? oder Innenseitenstoß ? zeigt die Vorderseite des Oberkörpers in die Richtung, in die der Ball gespielt werden soll. Der Standfuß wird seitlich auf Höhe des Balles abgestellt und zeigt ebenso in die Passrichtung. Der Spielfuß wird nahezu im 90°-Winkel nach außen gedreht und das Sprunggelenk wird fixiert (Wadenmuskel wird angespannt und die Zehen angezogen). Das Spielbein wird nach hinten geschwungen und nach Berührung ? je nach gewünschter Passschärfe ? vorne durchgeschwungen. Die Haltung des Oberkörpers ist während des ganzen Bewegungsablaufs aufrecht.
Pass mit der Außenseite
Der Pass mit der Außenseite kann zum Hassobjekt von Trainern werden, aber auch zum geliebten Mittel. Einerseits, wenn die Verwendung zu häufig wird und/oder einen Pass mit dem schwachen Fuß ersetzt. Andererseits, kann es aufgrund der Schrittfolge oder als Überraschungsmittel die beste Lösung sein. Bei einem sauberen Pass mit der Außenseite (nicht nur ein "auf-die-Seite-legen") ist zwar ebenso auf Details wie Körperhaltung, Standbein etc. zu achten, diese variieren jedoch je nach dem, ob der Ball mit oder ohne Effet gespielt wird. Maßgeblich ist bei beiden Arten aber die Fußhaltung des Spielfußes. Dieser wird diagonal nach innen und unten gekippt, sodass die größtmögliche Fläche erreicht wird um den Ball zu spielen. Die Schwungbewegung Des Spielfußes wird nach vorne oben durchgezogen.
Flugball
Abschläge, Klärungsversuche, Diagonalbälle, Bälle in die Tiefe, aber auch Freistöße, Eckbälle und seitliche Hereingaben und nicht zu vergessen, Torabschlüsse aus weiter Distanz bei einem hochstehenden Keeper - viele Einsatzmöglichkeiten, aber technisch äußerst schwierig: der Flugball. Hier wird der Ball zwar mit dem Vollspann gespielt, jedoch wird der Spielfuß dafür im Laufe der Bewegung nahezu durchgestreckt und nach vorne gekippt. Um das zu bewerkstelligen, muss eine zur Seite neigende Körper- und Standfußhaltung eingenommen werden, wobei als Ausgleich der ballentfernte Arm meist seitlich abgestreckt wird. Der Ball wird zentral aber unterhalb der Mitte getroffen. Der Standfuß wird, wie beim Pass mit der Innenseite, direkt seitlich neben dem Ball abgestellt, jedoch ergibt sich bei der Schwungbewegung des Spielfußes ein einzigartiges Muster im Fußball. Nach Berührung des Balles wird der Spielfuß nicht nach oben durchgeschwungen, sondern parallel zum Boden in einer Runden Bewegung vor dem Standfuß. Das führt bei einem weiten Flugball (hoher Kraftaufwand = längere Schwungbewegung) dazu, dass der erste Bodenkontakt des Spielfußes nach dem Abspiel sogar "über Kreuz" zum Standfuß erfolgt. Grundsätzlich ist es aber kein "Durchschwingen" im eigentlichen Sinn, da der gesamte Kraftaufwand beim Flugball nicht am Maximum sein darf. Wird dieser Bewegungsablauf sauber durchgeführt, fliegt der Ball in einer geraden Linie, jedoch mit Rückwärtsdrall. Hier muss noch darauf geachtet werden, dass die Flughöhe des Balles nicht zu hoch wird, da aufgrund des Luftwiederstandes und des Rückwärtsdralls die Geschwindigkeit zu sehr abnimmt. Dies kann mittels der Fußhaltung und der Stelle, an der der Ball getroffen wird korrigiert werden.
Chipball
Der Chipball, oder auch "Lob" genannt, wird eingesetzt, wenn ein Gegner oder eine gegnerische Reihe hoch überspielt werden soll (zb. beim Zuspiel in den Raum hinter der Abwehr) oder um einen hochstehenden oder herauseilenden Torwart zu überheben und der Ball sehr kontrolliert, aber mit weniger Tempo gespielt werden soll. Hierfür ist eine aufrechte Körperhaltung von Nöten und der Spielfuß wird nicht durchgestreckt sondern bleibt nahezu im natürlichen 90°-Winkel. Ebenso wird nicht durchgeschwungen, sondern direkt nach Berührung des Balles abgestoppt. Dadurch ergibt sich ein Rückwärtsdrall des Balles, aber auch ein relativ geringes Balltempo.
Flanke
Wer "Flanke" sagt, muss auch "David Beckham" sagen. Wohl kaum ein Fußballer hat sein Spiel durch seine genauen Vorlagen geprägt, wie der einstmalige Blondschopf aus England.
Flanken von der Grundlinie, aus dem Halbfeld, Eckbälle und Freistöße: Flanken dienen dem Herausspielen von Torchancen. Dem Ball wird ein seitlicher Drall mitgegeben (=Effet), der den physikalischen Gesetzen des Magnus-Effekts unterliegt. Der Ball wird grundsätzlich mit dem Innenspann gespielt, wobei der Punkt an dem das Leder getroffen wird, aufgrund der Anatomie eines Spielers auch weiter in Richtung Innenseite wandern kann. Die Schwungbewegung kann sehr kraftvoll ausgeführt werden, wodurch dem Ball auch ein dementsprechendes Tempo mitgegeben werden kann und endet sogar leicht diagonal.
Vollspannschuss
Aus 20 Metern mit 120 km/h in den Winkel und ein Staunen rund um den grünen Rasen ? der Traum aller Fußballbegeisterten. Aufgrund des hohen Tempos und Kraftaufwandes, ist es aber auch jene Art den Ball zu spielen, die das höchste Maß an Risiko und Fehlern mit sich bringt. Wird der Vollspannschuss sauber ausgeführt, hat der Spieler eine nicht geneigte Körperhaltung, wobei der Oberkörper im Ablauf der Schussbewegung immer weiter über den Ball bzw. nach vorne geneigt wird, ein durchgestrecktes Sprunggelenk und nach unten gedrückte Zehen des Schwungbeines. Das Standbein wird neben den Ball gestellt, wobei das Bein in der Hüfte leicht zur Mitte geneigt wird und die Zehen des Standbeines zeigen in Schussrichtung. Hier ist anzumerken, dass es durchaus auch Schusshaltungen ohne Hüftneigung gibt, wobei dann auch das Standbein im Sprunggelenk etwas gestreckt wird (zb. beim "Knuckleball"). Für die Schwungbewegung des Schussbeines wird das Bein abgewinkelt um dann bei der Bewegung nach vorne nahezu durchgestreckt zu werden, ein minimaler Winkel bleibt im Knie jedoch erhalten und die Schwungbewegung wird durchgezogen.
Bei allen Techniken ist anzumerken, dass die Anatomie und der Körperbau der jeweiligen Spieler eine große Rolle spielen und sich dadurch auch Abweichungen im Bewegungsablauf ergeben können. Letztendlich erkennt man an als Trainer an der Flugbahn, der Genauigkeit und dem Tempo des Balles, ob die technische Ausführung für den jeweiligen Spieler richtig ist, obwohl sie nicht 100% dem beschriebenen Ideal entspricht.